Sales-Talk mit analyse asia: Vertrieb in China

Wichtig ist Verkaufen überall auf der Welt. Dennoch gibt es kulturelle und/oder technische Unterschiede, die wiederum von Land zu Land variieren können. Vertrieb ist in allen Teilen der Welt nahezu gleich wichtig. Wir haben uns mit Jens Behling von analyse asia aus Bochum unterhalten, um mehr über die Besonderheiten von Unternehmenskontakten in China zu erfahren.

Jens Behling von analyse asia

eyeCall: “Lieber Jens, stell Dich und Dein Unternehmen doch mal kurz vor. Was ist Euer Steckenpferd und wie seid Ihr auf die Idee gekommen?”

analyse asia: “Hallo eyeCall, auf die Idee kam ich im Laufe des Studiums Wirtschaft & Politik Ostasiens. Als ausgebildeter Industriekaufmann mit Chinesisch-Kenntnissen bekam ich währenddessen sehr früh die Möglichkeit, als freier Mitarbeiter an Asienprojekten gestandener Beratungsunternehmen mitzuarbeiten. 2012 gründete ich dann die analyse asia GmbH, um mit bezahlbaren Beratungslösungen auch den kleineren KMUs professionelle Unterstützung vor anvisierten Markteintritten anbieten zu können.
Zeitgleich begannen wir, das OMUS zu entwickeln und waren damit erfolgreich. Unser onlinebasiertes Umfragesystem eröffnet uns nun die Möglichkeit, chinesische Konsumenten innerhalb kürzester Zeit zu ihren Präferenzen zu befragen. Jedem Unternehmen, das den Verkauf seiner Produkte in China vor Ort anstrebt, können wir somit eine reale Datengrundlage schon vor dem Vertriebsbeginn beschaffen. Wir befragen dazu einfach ein paar Tausend chinesische Kunden über ihre online angebundenen Geräte.”

 

eyeCall: “Was uns besonders interessiert ist natürlich der Vertrieb und die damit einhergehenden Herausforderungen durch die kulturellen Unterschiede. Was sind Eure Erfahrungen?”

analyse asia: “Nach fünf Jahren China-Beratung ist eine kurze Antwort gar nicht so einfach. Außerdem ist „Vertrieb“ ein sehr weit gefasster Begriff, aber ich gehe davon aus, dass es euch eher um den Verkauf von Mensch zu Mensch geht.

Die Unterschiede beginnen schon mit dem Erstkontakt. Im Idealfall sollte dieser von einer Verbindungsperson aus dem chinesischen Netzwerk hergestellt werden. Vertriebserfolg in China ist immer zu großen Teilen abhängig von der Stärke des eigenen Netzwerks. Kaltakquise per E-Mail kann man völlig vergessen. Elektronische Post wird als erste Ansprache kaum beachtet und selten beantwortet. Stattdessen kann nach einem ersten Telefonat und anschließendem Austausch von Informationen ein großer Teil der Kommunikation mit potentiellen Kunden per Wechat laufen. Als Micro Blog verbindet dieses System übrigens die kommunikativen Möglichkeiten von Messengern wie WhatsApp mit den Vertriebsmöglichkeiten von sozialen Netzwerken wie Facebook. Aber wir wollten in diesem Beispiel ja persönlich verkaufen von Mensch zu Mensch.

Der nächste Schritt wäre in diesem Fall ein persönliches Kennenlernen beim Essen. Wer sich mit der chinesischen Kultur auskennt und diese schon ab der Begrüßung achtet, ist auf dem richtigen Weg. Wahrscheinlich wird der Einkäufer auch nicht allein zum Termin kommen, sondern bringt entweder Kollegen, Mitarbeiter oder direkt seinen Chef mit. In China kommt es immer auch auf die Mannstärke an. Eine der ersten Fragen, die mir immer dort gestellt werden: „Wie viele Mitarbeiter hat ihr Unternehmen?“

Geschäftsessen in China

Nun wird gegessen, viel über Belangloses und ein wenig übers Geschäft gesprochen. Die kulturelle Schwierigkeit für westliche Vertriebler ist, dass chinesische Gesprächspartner weder direkt Kritik zum angebotenen Produkt äußern, noch Missfallen durch ihre Körpersprache zum Ausdruck bringen. Während bei uns direkte und offen dargebrachte Kritik durchaus geschätzt wird, auch weil dem Vertriebler so die Möglichkeit geboten wird darauf einzugehen, muss man sich in China eine transparente Meinung in vielen Gesprächen erarbeiten. Der nächste Step auf dem Weg zum Verkaufserfolg wäre dann wohl eine Einladung in das Unternehmen des Einkäufers. Hier wird es dann schon etwas konkreter, aber darüber können wir im nächsten Interview sprechen.”

eyeCall: “Was tut Ihr damit Unternehmen aus Asien auf Euch als deutsches Unternehmen aufmerksam werden?”

analyse asia: “Relativ wenig, da wir derzeit noch den Fokus auf deutsche Auftraggeber richten. Aber vor kurzem haben wir trotzdem einen Beratungsauftrag eines chinesischen Unternehmens bekommen und unterstützen es nun dabei, professionell in den europäischen Markt einzutreten. Wie das Unternehmen auf uns gekommen ist? Wir wurden innerhalb unseres Produzentennetzwerkes in China empfohlen.”

 

eyeCall: “Unter allen Fehlern die man beim Import aus Asien machen kann, was sind denn die häufigsten?”

analyse asia: “Keinen klaren Produktionsauftrag erteilen, 100 % Vorkasse leisten ohne mehrjährige Zusammenarbeit oder die Produkte vor der Versendung nach Deutschland nicht vor Ort überprüfen lassen.”

 

eyeCall: “Bei jungen Unternehmen darf eine Frage natürlich nicht fehlen: Wo soll es hingehen mit analyse asia?”

Jens Behling und Geschäftspartner aus China

analyse asia: “Es gibt noch so viele deutsche Mittelständler mit schönen Telling Stories und qualitativ hochwertigen Produkten, die das Potential einer ständig weiterwachsenden chinesischen Mittelschicht und des generell riesigen Binnenmarktes ungenutzt lassen. Um die vorhandene Nachfrage zu befriedigen, kaufen chinesische Studenten stattdessen Markenprodukte in ihrer Freizeit als Endkonsumenten lokal ein, machen ein Produktbild an der Kasse und schicken die Sachen per Luftpost zu privaten Abnehmern nach China, zum doppelten Preis natürlich.

Das möchten wir ändern und beschäftigen uns derzeit intensiv mit chinesischen Einfuhrreglementierungen, für gewerbliche Einfuhren, verschiedener Produktsparten. In drei Wochen wird einer unserer Mitarbeiter wieder nach China fliegen, um mit unserem chinesischen Partnerunternehmen zusammen die Gründung einer Einkaufsgesellschaft in China vorzubereiten. Dieser nächste Schritt wird zukünftig vieles bei Einfuhr und Verzollung erleichtern.
Zudem beschäftigen wir uns derzeit intensiv mit digitalen Vertriebs- und Absatzlösungen für den chinesischen Markt, um auch von Deutschland aus Produkte an chinesische Endkonsumenten verkaufen zu können.”

Vielen Dank an Jens Behling von analyse asia für die spannenden Inhalte, wir wünschen viel Erfolg mit der Gründung der Einkaufsgesellschaft in China.

Nikolas Schran

Gründer von SellUp. Vertrieb ist für mich: Perfekte Planung. Denn Verkaufen beginnt vor dem ersten Kundenkontakt.