Vertrieb auf Social Media – Eine Plattform mit echtem Potential?
Dass die halbe Welt inzwischen über Social Media miteinander verbunden ist und ein Großteil der Menschen einen erheblichen Teil Ihrer Freizeit mit dem Durchstöbern der bis zum Rand gefüllten Newsfeeds verbringt, ist nichts Neues. Da ist es doch nur recht und billig, dass auch Unternehmen versuchen von diesem enormen Potential zu profitieren. Aber wie groß sind die Erfolgschancen dabei wirklich? Lässt sich die Beziehung zu einem Freund auf Facebook auf die zu einer Marke übertragen und ist das Ziel, ein Umsatzplus durch den Vertrieb auf Social Media zu verzeichnen, eigentlich realistisch?
B2B goes social
Beinahe jedes Unternehmen pflegt heutzutage mindestens ein Social Media Profil. Ganz vorne mit dabei: Anbieter von Konsumgütern auf dem B2C-Markt. Aber auch Unternehmen, deren Leistungen sich an Geschäftskunden richten, haben den Trend für sich erkannt. 75% sind bereits aktiv und lediglich ein verschwindend geringer Teil von 2% hat keine Social Media Präsenz und dies auch in Zukunft nicht geplant (Quelle:IntelliShop). Der Klassiker Facebook (43%), professionelle Netzwerke, wie LinkedIn (37%) und Xing und der Kurznachrichtendienst Twitter (12%), sind dabei besonders beliebt. Ein Bereich, in dem sich B2B und B2C Anbieter sehr deutlich voneinander unterscheiden (Quelle:Social Media Examiner).
Dem Kunden ganz nah
Was sie allerdings gemein haben, ist der Hauptnutzen, den sie aus ihrer Social Media Präsenz ziehen, nämlich die Nähe zum Kunden. Mit Facebook, Instagram, Xing und Co. hat das Unternehmen plötzlich ein Gesicht und kommuniziert mit seinen Kunden nicht nur schneller, direkter und persönlicher, sondern auch auf Augenhöhe. In den meisten Fällen ermöglichen öffentlichen Profile, sich ein Bild von Unternehmen zu machen – ein wertvolles Instrument, denn natürlich können auf diese Weise auch bestimmte Eigenschaften und Qualitäten gezielt vermittelt werden.
Egal ob per Direktnachricht, über öffentliche Posts oder lediglich das Rezipieren der präsentierten Inhalte, der Kunde fühlt sich individueller angesprochen und ernst genommen und das führt auf lange Sicht zu einer stärkeren Bindung an das Unternehmen.
Die zwei größten Vorteile, die sich B2B-Unternehmen durch die Nutzung von Social Media versprechen, sind eine erhöhte Sichtbarkeit und die Gewinnung neuer Kunden. Zwei realistische und wertvolle Annahmen, denn es ist durchaus der Fall, dass potentielle Kunden über soziale Medien auf ein Unternehmen aufmerksam werden. Sei es durch den Einsatz von Hashtags oder aber das Teilen durch eigene Kontakte.
Vertrieb auf Social Media – Nein danke
Es wäre sicherlich naiv zu behaupten, dass Kommunikation und Vertrieb auf Social Media nur Positives mit sich bringt. Die Entwicklung und Pflege einer wirklich guten Strategie ist nämlich vor allem eins: teuer. Sie braucht Zeit, Gewissenhaftigkeit und nicht zu vergessen Know-How, denn diese Form der Kommunikation ist schneller, dynamischer und plötzlich öffentlich. Kommentare und Kundenanfragen müssen deshalb mit besonderem Fingerspitzengefühl beantwortet werden. Außerdem ist die Grenze zwischen persönlich und geschäftlich nicht immer eindeutig und birgt damit die Gefahr mit sich, Kunden in einer Form anzusprechen, die sie unter Umständen nicht bevorzugen.
Die zwei größten Nachteile sehen B2B-Unternehmen jedoch in der Gefahr, von sogenannten Shitstorms getroffen zu werden (48%) und der Tatsache, dass viele ihrer Kunden Social Media eher selten zur Kontaktaufnahme oder Informierung nutzen (40%) (Quelle:IntelliShop). In allem, was ein Unternehmen auf sozialen Netzwerken plant, sollte es deshalb eines beachten: Der Kunde ist König und ganz gleich wie fundiert die entwickelte Strategie ist, sie muss den Kunden in den Mittelpunkt stellen und auf seine Bedürfnisse ausgerichtet sein.
Die Kluft zwischen Erwartungen und Realität
Mit diesem Thema hat sich auch die Studie “From Social Media to Social CRM” vom IBM Institute for Business Value beschäftigt. Eine der Haupterkenntnisse war die, dass Unternehmen ihre eigenen Erwartungen und Hoffnungen häufig auf die ihrer Kunden projizieren. Eine Wahrnehmungslücke zwischen Erwartungen und Realität ist die Konsequenz und stellt damit natürlich eine ernstzunehmende Bedrohung für den Erfolg der Social Media Strategie dar.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, Kunden erwarten sich vor allem einen materiellen Nutzen als Gegenleistung für Zeit und Engagement. Die allerwenigsten werden tatsächlich von dem Bedürfnis geleitet, sich mit einem Unternehmen und seiner Community verbunden zu fühlen. Es geht ihnen um einen echten Mehrwert in Form von Coupons, Rezensionen, exklusiven Informationen oder auch der Möglichkeit einen direkten Kauf zu tätigen.
Nur 23% interagieren überhaupt mit einer Marke und legen den Fokus ihrer Social Media Aktivitäten mit 70% stattdessen primär auf die Pflege persönlicher Beziehungen. Das macht deutlich: Die Interaktion mit Unternehmen ist nicht vergleichbar mit der mit Freunden. Die Motivation mit einer Marke in Kontakt zu treten ist deshalb nur selten emotionaler Natur.
Die positive Erkenntnis dieser Studie ist jedoch, dass Kunden grundsätzlich Interesse an der Interaktion mit Unternehmen haben. Nun gilt die konkreten Treiber der eigenen Kunden zu identifizieren, die Kommunikationsstrategie darauf auszurichten, echten Mehrwert zu schaffen und vor allem offen, ehrlich und authentisch aufzutreten. Voraussetzung des Erfolgs auf Social Media ist und bleibt nämlich Vertrauen.
Vertrieb auf Social Media
Auch wenn Vertrieb auf Social Media sicherlich nicht für jedes Unternehmen ein Erfolgsgarant ist, hält er doch für Unternehmer bestimmter Branchen echtes Potential bereit. So kann Social Media, ohne den klassischen Vertrieb zu ersetzen, durchaus eine unterstützende Funktion einnehmen, indem kostenlose Testphasen, gezielt gestreute Produkt-Teaser oder ein sympathischer, ansprechender Onlineauftritt am Ende des Tages zu Inbound-Calls führen. Ein Erfolg für das Marketing und ein Geschenk für den Vertriebler.